Mein Kollege Michael Moos sprach schon von den gesellschaftlichen Herausforderungen, denen die Stadtgemeinschaft sich stellen muss. Nichts anderes gilt auch für die Kultur. Nicht nur das Stadttheater stellt sich programmatisch seit Jahren der Frage nach zukünftigen Lebensformen und versucht auch zunehmend außerhalb des Theaters Theaterräume in gesellschaftliche Laborräume zu erweitern. Auch das Museum für Neue Kunst hat neulich in der Behandlung Freiburgs als „anastrophale Stadt“ versucht, die Stadt und ihre Entwicklungspotentiale mit künstlerischen Setzungen zu verbinden. Die lebendige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichem Leben liefert auch die Begründung für die städtischen Ausgaben für die Museen und das Stadttheater, die wir bis jetzt in allen Entwicklungsstufen und Bauabschnitten mitgetragen und aktiv unterstützt haben.

Aber darin liegt nicht unser Schwerpunkt.

Der Schwerpunkt unserer vielen Kulturanträge, lag und liegt in der Unterstützung der Vielfalt der Freiburger Kulturlandschaft und in der Stärkung der Freien Gruppen und Träger, die inzwischen ein kulturelles Aushängeschild der Stadt geworden sind. Auch das vorbildhafte Kulturkonzept wollen wir weiter umsetzen, besonders in den Bereichen Interkultur und kulturelle Bildung, aber auch verstärkt im Jazz und Rock-Bereich. Die Wiedereinsetzung eines neuen Festivals der Darstellenden Künste in der sommerlichen Stadt liegt uns da sehr am Herzen und wäre als „Festival für Performing Art“ ein kulturpolitisches Signal. Ebenso wichtig ist die Sicherung einer ehemals alternativen Struktur an Kultureinrichtungen, die jetzt als Kulturzentren in der Stadt ihr Publikum aus allen Schichten der Bevölkerung erreicht haben: E-Werk, Fabrik/Vorderhaus, Kinder-und Jugendtheater, Jazzhaus, aktuell die Einrichtung des neuen Literaturhauses und die Absicherung des Kommunalen Kinos. Aber auch ganz speziell die Stärkung der freien Theater- und Tanzszene ist für uns eine Pflichtaufgabe, Stadttheater und Freie Szene bedingen sich gegenseitig.
Die Musikstadt Freiburg ist in aller Munde. Freiburg hat ein großartiges Musikpublikum! Wir sehen es als unserer Aufgabe an, kulturpolitisch dieses Label zu fördern und abzusichern. Die letzten Entwicklungen mit der Fusion der beiden SWR-Orchester waren da ein deutlicher Schock und die Rolle der Stadt nicht gerade als Vorreiter!Die neue Idee einer Stiftung des öffentlichen Rechts begrüßen wir sehr, ebenso wie wir die vorhandenen Ensembles und Orchester mit ihrer hervorragenden Qualität weiter fördern und ausbauen wollen. Eine möglichst große Teilhabe an künstlerischen Prozessen drückt sich für uns in der Aufstockung und Erweiterung der verschiedenen flexiblen Fonds aus, die wir beantragt haben: Innovationsfonds, Film- und Medienfonds, Projektefonds Freier Tanz-und Theater oder Fonds Bildende Kunst.Leider wurden die meisten der Anträge hierfür abgelehnt.
Überhaupt die Bildende Kunst in der Stadt: Hier wünschen wir uns dringend ein Umdenken der städtischen Politik. Es genügt nicht Altstrukturen zu erhalten, es müssen neue Akzente gesetzt werden. Wo, wenn nicht hier, kann die Kunst in den Alltag eingreifen in Form von Kunst im öffentlichen Raum. Wir können nicht nur bei Rotteck-Büsten und Sieges-Denkmälern stehen bleiben, das wäre fatal, es muss Platz geben für zeitgenössische Kunst und eine Bauverwaltung sollte dies als erstes unterstützen. So ist für uns die glatte Ablehnung unseres Antrages auf 250.000.- Euro für den schon eigentlich gesetzten künstlerischen Wettbewerb Rotteckring in der 2. Lesung symptomatisch für die Geringschätzung der zeitgenössischen Kunst durch Gemeinderat und Verwaltung. Die bis heute fehlende Absichtserklärung für Kunst am Bau beim Rathausneubau und auch generell die Nichtberücksichtigung der Kunst an Bauregelung in Freiburg seit vielen Jahren sind weitere deutliche Zeichen.
Wir werden da nicht locker lassen, dies anzuprangern und einzufordern.

Ehrenamt, Idealismus und Selbstausbeutung sind nach wie vor die Attribute, welche für die geleistete Kulturarbeit in dieser Stadt verwendet werden müssen. Wir werden dafür eintreten, dass die Situation der Künstler/innen oder der Kulturschaffenden sich verbessert, und dass diese Arbeit mehr gewürdigt wird. Das kann manchmal auch indirekt geschehen.
Die FWTM, zum Beispiel, ist nach wie vor in ihrem Einsatz für die Kultur und die Kunst in der Stadt eine uneinsichtige Schnecke. Die Bettensteuer heißt im Übrigen in anderen Städten „Kulturabgabe“.

Ökologische und nachhaltige Entwicklung, meine Damen und Herren, ist untrennbar von sozialer und kulturell/künstlerischer Entwicklung. Deswegen werden wir auch weiter am Ausbau der Kulturstadt arbeiten: Kultur als Summe aller Lebensformen und Grundlage allen gemeinschaftlichen Lebens.

Atai Keller
Stadrat der Kulturliste