30.06.2020
Von Atai Keller
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuhörerschaft,
ein Merkblatt für Straßenkunst und Straßenmusik aus den 80er Jahrern, seit 2004 nicht mehr verändert und nicht mehr öffentlich diskutiert, gehört nun mal dringend erneuert, so hatte es sich der Verein Multicore auch auf seine musikalischen Fahnen geschrieben. Ein großer Dank sei hiermit an die Multicore-Mitglieder ausgesprochen für die geleistete Vorarbeit zur neuen Regelung. Dass man dem neuen Vollzugsdienst dabei wenig Angriffsfläche bieten wollte, versteht sich von selbst. Keine Überwachung und keine Überbürokratisierung des offenen Musiklebens in Freiburgs Gassen. Dazu braucht es aber auch einen mehrheitlich verständigen Gemeinderat und auch Gemeinderäte und Rätinnen, die ins Detail gehen wollen und gegangen sind.
Der nun ausgehandelte Kompromiss und der Antrag der hoffentlich mehrheitlich angenommen wird, lassen eine gut bespielbare Straßenkunst in Freiburgs Innenstadt entstehen, in der die Kunst und die Musik vermehrt und in größerer Vielfalt möglich sind, mit Ruhezeiten und gewissen Beschränkungen, in der aber auch der offene Charakter der Stadt als Kulturstadt mit Herz und Tradition deutlich zutage tritt. Lange haben wir noch hinter den Kulissen um Formulierungen gerungen und um Detailbestimmungen, die jetzt letztlich in einen klaren Antrag münden. Wichtig waren uns dabei, die vermehrte Spieldauer, die Erweiterung der Spielmöglichkeiten, die möglichst offene Wahl der Instrumente, die offene Wiederwahl der Orte, aber auch die Verträglichkeit mit der Freiburger Geschäftswelt, mit den Gaststätten und den Büros und Praxen in der Innenstadt. Nur so kommt es zu einem friedlich kulturellen Miteinander, welches eine offene Stadt kennzeichnet. Die Verwaltung und das Amt für öffentliche Ordnung haben dabei einen verlässlichen Part gespielt, auch wenn wir noch an einigen Stellen nachjustieren werden. Anke Wiedemann hat die Einzelheiten ja in ihrem Beitrag schon sehr gut dargestellt.
Ich persönlich hätte nichts gegen eine Woche des Straßen- und Musiktheaters in Freiburg, in dem die Innenstadt sich zu einer einzigen theatralen und tanzenden Szenerie verwandelt wie in manchen französischen Städten, siehe Aurillac oder Chalon sur Saone, aber wir wollen ja nichts überstürzen.
Was die Universität angeht, können wir nur hoffen, dass die neue Rektorin eine etwas andere Einstellung zu kultureller Umtriebigkeit auf Freiburgs Straßen hat als der scheidende Rektor, vor allem in Zeiten des Umbaus des KG II. Wir fordern den Kulturbürgermeister weiterhin auf, den Dialog mit der neuen Rektorin zu suchen und noch eine Spielzone auf dem Platz der alten Synagoge in der Umbauzeit zu erreichen.
Ansonsten begrüßen wir ausdrücklich, dass die Straßenmusiker und Künstlerinnen nun einen Verein gegründet haben, um ihre Interessen zukünftig selbst wahr zu nehmen und wir hoffen, dass die Kunst in der Stadt weiter auf die Straßen, Wege und in die Gassen kommt, manch einer hat so angefangen und den Weg damit auch ins Studio sich ermöglicht. Eine lebendige offene Stadt misst sich nicht zuletzt auch an ihrem Umgang mit der Straßenkunstszene.
Atai Keller