Kultur braucht Räume – Kultur braucht Träume(r)

Wer einmal die Gelegenheit hat, bei einem Tag der offenen Tür das Freiburger Übehaus des SWR-Sinfonieorchesters zu besuchen, wird beim Blick hinter die Kulissen sofort spüren, was gemeint sein kann mit ‚Kultur braucht Räume’. Eigentlich sind die Türen der Moltkestraße 5 mitten in der Freiburger Innenstadt verschlossen. Sie stehen ausschließlich den Mitgliedern des Orchesters für Proben zu Kammerspielen, Orchesterproben oder Solistenproben zur Verfügung. Dass die anscheinend nicht zu vermeidende Fusionierung der beiden Sinfonieorchester Freiburg und Stuttgart, die vor allem in Freiburg für einen Sturm der Entrüstung sorgte, und anfangs zu katastrophalen musikalischen Zerwürfnissen führte, ist sicher ein großer Verdienst unseres neuen herausragenden Chefdirigenten Theodor Currentzis, aber einen kleinen Beitrag dazu leistete auch die kleine Oase des Freiburger Übehauses, denn auch die Stuttgarter Musiker wissen die komfortable Situation in unmittelbare Nähe des Konzerthauses mit den akustisch optimal ausgestatteten Räumen als idealen Ort des einzelnen und gemeinsamen Musizierens zu schätzen.

Neben dem Ladengeschäft im Erdgeschoss war bisher der Zugang zum Übehaus über eine unansehnliche unscheinbare Türe innerhalb des Garagentors. Im Frühjahr 2020 konnte mit der finanziellen Unterstützung des Vereins der Freunde und Förderer des Freiburger Sinfonieorchesters der Freiburger Graffitikünstler Tom Brane gewonnen werden, diesen öden Anblick zu einem echten Hingucker im öffentlichen Raum aufzuwerten. Die Idee, den Hauseingang mit dem Motiv „Teodor Currentzis dirigiert das SWR SO“ zu gestalten, griff die aktuelle Begeisterung über den noch immer neuen Chefdirigenten auf. Für den Förderverein hatte sie aber den zusätzlichen Reiz, dass damit nicht nur die Verbindung des Hauses zum Orchester und seinem Chefdirigenten dokumentiert wird, sondern zugleich auf dessen effiziente und funktionale Bedeutung für die Arbeit des gesamten Orchesters hingewiesen wird.

‚Du holde Kunst / In wieviel grauen Stunden / Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt / Hast du mein Herz zu warmer Lieb’ entzunden / Hast mich in bessere Welt entrückt / (…) / Den Himmel besserer Zeiten mir erschossen / du holde Kunst ich danke dir dafür / Du holde Kunst ich danke dir!’

Mit diesem Arrangement aus Motiven aus Johannes Brahms‘ Sinfonie Nr. 3 und Franz Schuberts „An die Musik“ sendeten das NDR Elbphilharmonie Orchester, die NDR Radiophilharmonie, die NDR Bigband und der NDR Chor einen hoffnungsvollen Gruß für ein gutes neues Jahr 2021. Man kann nur hoffen, dass die Politik und Gesellschaft solch eine Botschaft hören und verstehen.

‚Kultur braucht Räume’ … ganz praktisch: die Stadthalle, die Karlskaserne und das ‚Haus zum Herzog‘ als stadteigene Immobilien sollten gerade in diesen harten Zeiten für die, die Sie brauchen und kreativ nutzen könnten, zur Verfügung stehen, als Daseinsfürsorge zum Wohnen und als Daseinsfürsorge für die Kultur.

Gabi Dierdorf

Fotos: Gabi Dierdorf