Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeister/inenBank,

liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Vertreter/innen der Verwaltung, liebe Zuhörerschaft,  ich möchte ein Zitat von Paul Klee an den Anfang meiner Ausführungen stellen: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar.“ 

Wenn wir den Haushalt 23/24 vom Datum der Einbringung am 5.12.22 aus betrachten, fällt aus kultureller Sicht auf, dass so gut wie keine weiteren Erhöhungen im Zuschussbereich vorgesehen waren. Lediglich bei zwei Projekten wurden Beträge eingestellt, jeweils handelt es sich dabei um Projekte mit überregionaler Ausstrahlung. Es ist also eher noch weniger geworden, was von der Kulturverwaltung selbstständig in den Haushalt eingebracht werden konnte. Und das in der Nachcoronazeit mit all ihren Unsicherheiten. Allerdings wurde die im letzten Doppelhaushalt ausgesetzte Dynamisierung von jährlich 2,5% wieder eingesetzt und das mit schon dynamisierten Ansatz. Das war vor allem für die grossen Einrichtungen eine spürbare finanzielle Entlastung. Insgesamt handelt es sich dabei um Beträge von 200.520.- Euro in 2023 und 412.300.- Euro in 2024. 

Dass der vorliegende Haushalt ein erfolgreicher Haushalt für die Kunst und Kultur in der Stadt geworden ist, liegt nicht zuletzt am Gemeinderat und an seinen Handlungsträger/innen, die inzwischen wenigstens teilweise die Bedeutung der Kultur und auch der Kunst gerade auch in diesen herausfordernden Zeiten erkannt und eine grosse Menge von Anträgen mehrheitlich zugelassen und verabschiedet haben. Von 45 Anträgen, die wir als Fraktionsgemeinschaft SPD/Kulturliste oder als Kulturliste alleine gestellt haben, sind 28 mit Mehrheit positiv entschieden worden. Und das explizit von uns, den Grünen und den Fraktionsgemeinschaften von Jupi und Esfa. Dabei ging es um Ausbau der Teilhabe ebenso wie um die Sicherung einer stabilen Angebotsstruktur mit Freiburg spezifischen Projekten oder um die Förderung interkultureller Ereignisse. Auch wurde eine Tanzcompany das erste Mal in die institutionelle Förderung aufgenommen, was zeigt, dass sich die kontinuierliche Arbeit von Tanzpakt und Tanznet auch auf die Struktur der Tanzgruppen auswirkt. 11 neue Anträge wurden mehrheitlich beschlossen, darunter befinden sich die Cordiale des E-Werks, der erfolgreiche Kunst und Kommunikationsort Delphi Space, das neue Easy Street Straßentheaterfestival in den Stadtteilen, die Kreativpioniere im Schildacker mit ihrem neuen Kreativ-Ort, das Freiburger Klassenzimmertheater, PAKT e.V. mit ihrer langjährigen soziokulturellen Arbeit, der Junior Jazzchor, das SchülerJazzorchester (jetzt Jazzhaus Jugendorchester) und das Open Art Festival als neue Kunstreihe an ungewohnten Orten.

Diese neuen Projekte zeigen, dass Kunst und Kultur in der Stadt ständig in Bewegung sind und auch neue Projekte eine verdiente Chance auf Förderung haben. Und das muss auch so bleiben. Deswegen haben wir auch die Stimme erhoben für die jungen Projekte wie zum Beispiel die Kulturstrassenbahn als gelebte Innovation im öffentlichen Raum. Der Christopher- Street-Day hat endlich eine feste Förderung, eine Ravefläche im Dietenbachpark oder ein queeres Jugendzentrum waren auch unsere besonderen Anliegen. 

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden„ sagt Hermann Hesse. Von daher ist die Kultur auch nicht wie ein normaler Bereich zu behandeln, denn Kunst und Kultur ermöglichen die Freiräume, die wir zum Denken und Atmen brauchen und das immer mehr. Insofern ist schon zu fragen, ob die Stadt nicht noch einen Zahn zulegen könnte in der Ausformung der Marke Kunst und Kulturstadt. Der Tourismusbeirat der Stadt sieht die Notwendigkeit, eine neue Werbestrategie mit deutlichen kulturellen Aspekten aufzustellen und auch die Bürgervereine wollen die Belebung der Innenstadt, aber auch der Stadtteile durch Kunst und Kultur. Eine „Green City“ ist nur mit der „Cultural City“ zu denken und der Klimawandel ist nur noch zu bremsen, wenn durch Kunst und Kultur die ethischen Normen für den einzelnen verändert und neu definiert werden. Insofern wird auch der Kulturwandel mit der Nachhaltigkeitsdebatte zusammengehen – da ist die Stadt und das Kulturamt ja schon kräftig am experimentieren.

In meiner letzten Rede habe ich noch den Freiburger Kultursommer gelobt und mit blumigen Worten noch Joe Cockers „Summer in the city“ zitiert. Das ist leider heute etwas anders. Wie zu erwarten hat die Festivaldebatte keine nennenswerten aktuellen Ergebnisse gebracht, im Kulturausschuss wurde nur aufgezählt und dann ein Konzept vertagt. So findet also der Kultursommer 23/24 als zusammenhängendes Sommerprogramm mit vielen kleineren bewährten Formaten nicht statt. Das bedauern wir sehr! Wir haben dazu noch zwei Anträge strittig gestellt und bitten Sie, diesen zuzustimmen. Außerdem finden wir, dass dem Kommunalen Kino auch mit seinem von der Medienwerkstatt übernommenen Schülerfilmforum geholfen werden muss. Zu unserem Antrag, einen festen Etat für Ausstellungshonorare für Künstler/innen einzuführen – nach dem Berliner oder dem Stuttgarter Modell – will ich nur sagen: Das wird uns in Freiburg auch bei heutiger wahrscheinlichen Ablehnung weiter beschäftigen.

Die Kultur in Freiburg steht vor großen Herausforderungen. Ich sage nur das Stichwort Schlüsselimmobilien. Die kulturelle Nutzung der Gaskugel im Freiburger Westen ist ein Projekt, das trotz einmaligem Anschub jetzt vor dem Aus steht . Die Musikschule muss endlich im Haus zum Herzog eine Bleibe finden, auch dazu gibt es einen ersten Antrag , das L6 als Kunsthaus muss einen Ersatz finden mit seinen Proberäumen und Ateliers, das Museum für neue Kunst in altem Schulgemäuer ist in Bewegung, die Kulturbörse wurde im Handstreich ausgesetzt, ein neuer Stadtteil in Dietenbach wartet auf ein Kulturkonzept, das Stadttheater steht vor einer grossen Sanierung des kleinen Hauses, das Augustinermuseum will endlich fertig gestellt werden, wie geht es weiter mit dem Kreativviertel Schildacker und was ist mit den Bandproberäumen? Viele Fragen und viele Aufgaben für eine Kulturstadt Freiburg, für die es sich auch nach mehr als 20 Dienstjahren noch lohnt einzustehen!

Enden will ich wieder mit einem Zitat. Dieses Mal von Sven Regener von der Musikgruppe Element of Crime: “Kunst ist wichtig, damit wir mit unserer Existenz klar kommen. Es geht darum, dass man den Menschen die Möglichkeit gibt, sich mit ihrem Leben zu versöhnen.“

Atai Keller

Foto: Ludwig Striet