Zum wiederholten Male war dem Oberbürgermeister in seiner Neujahrsansprache die Kultur in der Stadt nur eine Randbemerkung wert, und zwar nannte er das Stadttheater und das Augustiner-museum im Zusammenhang mit den erheblichen Sanierungsmitteln. Das, meine Damen und Herren, drückt leider den jahrelangen Umgang der Stadtverwaltung mit Kunst und Kultur aus, ich nehme Uli von Kirchbach als Kulturbürgermeister da explizit aus. Beispiele aus der jüngsten Zeit gibt es viele. Es wird nur investiert in Altbewährtes, die  neuen Ansätze und Strömungen kommen nicht zum Zuge. So hat nun ein Machtwort des Oberbürgermeisters hinter den Kulissen die Bemühungen einiger Freiburger Kultur-Kreise zunichte gemacht, Traute Hensch war da auch maßgeblich dabei, die international hoch angesehene Ausstellung „zur Nachahmung empfohlen, Expeditionen in Nachhaltigkeit und Ästhetik“ nach Freiburg zu holen. Mit Recht hat die Kuratorin Adrienne Göhler sich die Haare gerauft über so viel Unverständnis und Provinzialismus. Diese weit gereiste Ausstellung ist zuletzt von der deutschen UNESCO Kommission als Projekt der UN Dekade 2014 Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ausgezeichnet worden. Zurzeit ist die Ausstellung in Brasilien.

Aber auch die lasche Haltung der Stadtspitze zur skandalösen Orchesterfusion der SWR-Orchester, die den Gemeinderat natürlich beeinflusst und zu einer Sprachlosigkeit auf der Freiburger politischen Ebene geführt hat, liegt auf der gleichen Linie des Weges des geringsten Widerstandes. Zuletzt sind die hoffnungsvollen Bemühungen, die Fusion der beiden SWR-Orchester durch eine Stiftung  rückgängig zu machen, ja prominent unterstützt worden. Neben dem Rektor der Universität und dem Rektor der Musikhochschule hat sogar mein Namensvetter, der Präsident des SC, sich weit aus seinem Sport-Fenster gelehnt und die Zusammenarbeit zwischen Kunst und Sport gepriesen. Allerdings hört man, er habe daraufhin von Seiten des SWR Druck bekommen. Hier wäre eine deutlich positive Haltung der Landesregierung unbedingt erforderlich!

Auch musste die UL erst eine Resolution im September letzten Jahres in den Gemeinderat einbringen, in der deutlich ein Verbleib der Außenstelle der staatlichen Kunstakademie Karlsruhe in der Gertrud Luckner Schule gefordert und gleichzeitig auf die Folgen des Wegzuges für die Bildende Kunst in Freiburg verwiesen wurde. Daraufhin gewann die Diskussion an Fahrt und wieder hat eine grüne Landesregierung sich für den einfacheren Weg entschieden, den ihr die opportunistischen Professorinnen gewiesen haben. Erfolg und Misserfolg der Außenstelle waren immer schon davon abhängig, wie die jeweils agierenden Professoren oder Professorinnen ihre Studienarbeit gestalten

Neben diesen beiden letzten Beispielen eines drohenden schmerzlichen Kulturabbaus in der Stadt gibt es aber auch einige Erfolgsmeldungen in der Kulturlandschaft, die wir im letzten Jahr erzielen konnten. Allen voran die bereits vollzogene Einführung des Gestaltungsbeirates, welche eine stete Forderung der Kulturliste und der UL war. Aber auch die im Frühjahr zum Beschluss kommende Kunstkommission ist uns eine Herzensangelegenheit. Beide Fachkommissionen werden hoffentlich den Wildwuchs eindämmen, der sowohl in baulicher als auch in künstlerischer Richtung in der Stadt aktuell herrscht. Die ästhetischen Fehlentwicklungen durch wild gewordene Investoren sind nicht mehr zu überbieten und das Fehlen künstlerischer Fachkompetenz in der städtischen Gremienarbeit liegt offen auf. Leider ist das Kulturamt mit seinem Vorhaben gescheitert, anhand der Einführung der Kunstkommission die fehlende Debatte über Kunst im öffentlichen Raum in organisierte eigene Hände zu geben. Der Debatte hätte das gut getan.

Dennoch wird sich, meiner Meinung nach, eine Kunstkommission in der Stadt langfristig sehr positiv auf die Entwicklung der Kunst am Bau und der Kunst im öffentlichen Raum auswirken. Einen Teilerfolg konnten die Kulturliste und die UL anlässlich der Entscheidungen im Gemeinderat über das neue Rathaus verbuchen. Alle anwesenden Fraktionen haben sich zur Notwendigkeit von Kunst am Bau bekannt und die Debatte darüber in die nächsten Haushaltsberatungen verwiesen. Skandalös bleibt nach wie vor, dass bei diesem 78 Millionen-Projekt bis jetzt keine Kunst am Bau vorgesehen ist. Der Impuls dafür hätte vom Baubürgermeister kommen müssen, der sich bei künstlerischen Projekten bisher leider keine Meriten verdient hat. Nicht minder fehlerhaft ist die Planung am Platz der alten Synagoge und am Rotteckring, wo bisher auch keine besonderen Impulse oder eine künstlerische Gestaltung für die Belebung der neuen Innenstadterweiterung sorgen. Ein von uns beantragter Kunstwettbewerb wurde von der Verwaltung und einer Gemeinderatsmehrheit erst vor kurzem abgelehnt.

Zukünftig werden wir weiter die Theaterförderung im Blick haben, und hier vor allem die freie Tanz- und Theaterszene. Der größte Erfolg aus dem letzten Jahr war sicher die Einsetzung des Tanz- und Theaterfestivals (performing arts),  welches heuer am 1. Mai seine Eröffnung im E-Werk hat. Das Theaterhaus der Freien Gruppen an der Haslacher Straße wird im Februar im Gemeinderat hoffentlich mehrheitlich verabschiedet. Wir werden die Kinolandschaft weiter ordnen und fördern wollen, das Literaturhaus muss jetzt an seinem endgültigen Ort vernünftig ausgestattet werden, die bildende Kunst muss Stadtthema werden. Vor allem kulturelle Bildungs-Projekte wie Kubus müssen mehr in den öffentlichen Fokus gerückt werden. Einrichtungen, die sich dem künstlerischen Crossover und einer spartenübergreifenden Arbeit widmen, sollten eigene Förderstrukturen bekommen. Zuletzt die Musik-und die Clubszene mit ihren aktuellen Strömungen, sie sollten die Möglichkeit bekommen, sich professionell zu vernetzen und ihre Strukturen auszubauen.

Vieles wäre noch anzuführen, wir werden weiter kritisch die Arbeit der FWTM begleiten, ein Haus der Kulturen weiter verfolgen, die Bettensteuer hieße bei uns Kulturabgabe, die Stadtteilkultur muss ausgebaut werden und der erhebliche Anteil an Migrantinnen und Migranten in Freiburg erfordert eine höhere Aufmerksamkeit für deren Kulturarbeit.

Auch gestern wurde es spät. Als wir dann zu später Stunde locker um einen Tisch herumstanden, sagte jemand, es gäbe zu viel Konsens in der Stadt. Keiner würde dem anderen einmal die Meinung sagen. Auf der politischen Ebene wird hoffentlich der aufziehende Wahlkampf diesen Konsens spätestens aufheben im Sinne einer Auseinandersetzung um die Frage:

 „in welcher Zukunft und in welcher Stadt wollen wir leben“?

Diese zentrale Frage und ihre möglichen Antworten drücken sich im Wahlprogramm aller drei Listen seit Jahren aus.

Um abschließend ganz aktuell auf den Kommentar der Badischen Zeitung von heute, am 16. Januar 2014 zur „Neujahrsempfangeritis“ zu reagieren:

dies ist natürlich kein Neujahrsempfang, sondern ein Jahresauftakt.

Ich danke Ihnen!

Atai Keller – Stadtrat für die Kulturliste in der UL