Die Geschichte des Vereins Literatur Forum Südwest als Träger des Literaturbüros geht also bis in die späten 80er Jahre zurück und ist bis heute eine Erfolgsgeschichte. Der heute vorliegende Beschluss ist eine Risikolösung mit eingebauter Absicherungsvariante und das ist gut so!

Diese Lösung findet die uneingeschränkte Zustimmung des Literaturbüros und seiner kompetenten Leiterin Frau Stegmann, ebenso wie die Zustimmung der Vorstandsgremien und des neuen Freundeskreises. Fünf Standorte hatte man letztlich zu prüfen; dem Kulturamt sei großer Dank für das gut erarbeitete Standortranking – wohl der Stadt, die so viele Orte zur Auswahl hat!!!

Das Raumkonzept mit Büros und Veranstaltungsraum, der Innenhof und die Ambitionierten Pläne der Uni für ein geistes-wissenschaftliches Zentrum haben letztlich überzeugt. Die Universität bietet die meisten Kooperationsmöglichkeiten, die meiste räumliche Ausdehnung, die meisten und unterschiedlichsten Publikumsströme, die meisten möglichen Zusatzfördermittel, die meiste und beste Erreichbarkeit, die meiste Modellhaftigkeit, aber auch die meiste Gefahr der Vereinnahmung und Einflussnahme einer Institution, die meiste finanzielle Unkalkulierbarkeit und die meiste Unsicherheit!!!

Eben: Wird denn die Lösung auch wirklich umgesetzt? Bis 2014 soll das Land endgültig erklären, ob die verschiedenen Prämissen der Umsetzung auch vollzogen werden können. Das ist doch das große Fragezeichen, meine Damen und Herren, dieser Vorlage! Deswegen ist aber auch das Junktim mit der Fabrik wichtig und folgerichtig. Wir wollen die Alternative dann auch zügig zeitnah umsetzen und nicht wieder bei null anfangen. Auch wenn inhaltlich natürlich anders aufgestellt als die Uni-Lösung, hat auch die Fabrik bedeutende Vorzüge für ein Literaturhaus als gläserner Aufsatz des Architekten Swen Osterloh. Angestammter Ort mit Zentrumscharakter, Publikumsvielfalt und Stadtteilmagnet, bewährte Gastronomie und Projektepool bei niederen Ausbaukosten. Und die Fabrik kann als zweiter Bewerber warten und ist mit der Aufstockung an keine Zeitvorgabe gebunden. Das ist doch der große Vorteil dieser Doppellösung.

Zu unsicher und ohne erkennbares Kultur-Konzept erscheint momentan noch das Ganter-Areal, obwohl lange Zeit diese Lösung als die beste erschien und auch vielleicht heute noch als die eigenständigste aber auch momentan noch als isolierteste wahrnehmbar ist. Der Gemeinderat, das geht an die Adresse der CDU, hat natürlich jederzeit die Möglichkeit, das Geschehen wieder an sich zu ziehen.

Nur mit dieser Doppellösung Uni und Fabrik kann der Druck auf die Universität aufrechterhalten werden, das Literaturhaus möglichst bald in ihren Mauern zu realisieren.

Es liegt eine sehr lange Zeit zwischen dem jetzigen Grundsatz-Beschluss und der Verwirklichung, und der OB und der Rektor und die Kulturverwaltung sollten alle Hebel in Bewegung setzen, von der neuen Landesregierung im wahrsten Sinne des Wortes „grünes Licht“ für die Realisierung des Literaturhauses an der Universität zu bekommen.

Es braucht starke und kritikfähige Kräfte auf Seiten des Literaturforums, die jetzt die Verhandlungen zügig aufnehmen sollten, um ein Betreiberkonzept aufzustellen, das den Interessen aller Beteiligten entspricht. Und die Interessen des Literaturbüros sollten deutlich auf Eigenständigkeit gepolt sein!

Begriffe wie Erstzugriffsrecht, privilegierte Partnerschaft, neues Betreibermodell, Exzellenzinitiative und räumliche Rochaden lassen erahnen, welche Hürden da noch genommen werden müssen.

Der OB will bekanntlich immer gewinnen!

Ein Scheitern der Uni-Lösung wäre eine große Blamage für die Universität, für das Literaturforum, aber auch für die Stadt und ihre Spitze!

Zum Abschluss möchte ich Sie auf etwas hinweisen, was das Literaturbüro auch schon ohne eigenes Haus oder Etage schafft und das unsere besondere Aufmerksamkeit verdient. Timothy Simms hat in seinen Ausführungen auch schon darauf hingewiesen. Vielleicht sollten gerade wir Gemeinderäte an der einen oder anderen Veranstaltung teilnehmen. „Wider die Müdigkeit“, so heißt ein aktuelles Kooperationsprojekt zwischen dem Literaturbüro und verschiedenen Städten und Freiburger Kultureinrichtungen. Es geht um die Fragen nach intellektueller und politischer Wachheit und um das Schreiben im Umbruch, es geht um Fortschrittsdruck und Lähmungserscheinungen, um die Fragen nach Verlangsamung und Entschleunigung. Da wird zwischen Wachmachertexten und Müdigkeitsschriften gesucht, da wird wider die Trägheit gelesen, es werden literarische Aufwachräume erstellt und eine „vita contemplativa“ geht vom alten Wiehrebahnhof zum Theater im Marienbad. Aber auch der kreative Dämmerschlaf und die hörbaren Wachzustände sind mit von der Lesepartie.

Nun hoffe ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sie in unserer Wohlfühlstadt nicht in den Dämmerschlaf gefallen sind, und wenn, dass er wenigstens kreativ war. Wir sehen uns dann im Aufwachraum!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Freiburg, 22. Mai 2012 / Atai Keller

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