30.06.2020
Von Atai Keller

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, 
liebe Kolleginnen und Kollegen, 

es ist eine umfangreiche und lesenswerte Vorlage, welche die FWTM hier entwickelt und vorgelegt hat. Ich möchte allen Beteiligten sehr danken vor allem Frau Böhme und ihrem Team, gibt sie, die Vorlage, doch einen umfassenden Einblick in die kulturrelevanten Aktivitäten der FWTM als städtische Tochter und damit einen Überblick in die Weiterentwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft in der Stadt. Gleichzeitig zeigt die Vorlage aber auch auf, wie vernetzt und verbunden die FWTM inzwischen mit kulturpolitischen Entwicklungen ist. Wer einmal in der Lokhalle war und die eigenwillige Atmosphäre zwischen Industrie, Denkmal und Aufbruch inhalieren konnte, weiß, dass dort ein neuer Geist zwischen Containern und Bahngetöse umhergeht und man kann ahnen, warum die Gesellschaft die Kreativen braucht. Joseph Beuys hat einmal gesagt: ARBEITE NUR, WENN DU DAS GEFÜHL HAST, ES LÖST EINE REVOLUTION AUS! 

Ich möchte hiermit nun nicht die Mehrzahl der Anwesenden zum Müßiggang anleiten, aber ich möchte damit betonen, dass Künstler/innen und Kreative für eine Gesellschaft nicht weniger wichtig sind wie die Reisebranche oder Bäcker oder Hotellerie und warum eine Gesellschaft die Kultur-und Kreativwirtschaft ebenso braucht wie die  Nahrungs- und Mobilitätsbranche. Doch gerade die Visionäre, die Künstler und Querdenker sind aktuell von der Corona-Kriese bedroht und ihre Systemrelevanz wird von vielen angezweifelt. Staatliche Hilfen sind nur schleppend angelaufen und noch lange nicht bei allen Betroffenen  angekommen. Deswegen sollte sich auch die Stadt einer Information über den Zustand des Szene und eventuellen Hilfefonds nicht verschließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im November 2019 gab es in Berlin das erste Forum Kultur-und Kreativwirtschaft, auf dem die bundesrepublikanische Kreativszene auf VertreterInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft traf, um die Innovationskraft der Branche sowie ihren gesellschaftlichen Beitrag zu verdeutlichen. Und der ist inzwischen erheblich! Dort wurden auch 32 Kultur-und Kreativ-Schaffende mit dem Titel „Kultur-und Kreativ-Piloten „ ausgezeichnet. Das alles ist nach zu lesen im Monitoringbericht 2019 „Kultur und Kreativwirtschaft“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. 

Und da wäre ich nun bei den Freiburger Kreativ-Pionieren, von denen kein Wort in der Vorlage steht. Die sind zwar noch nicht ausgezeichnet, aber sie versuchen seit etlichen Jahren in der Stadt neben der Lokhalle ein ganzes Gebiet zum Kreativ-Quartier zu erheben, – bis jetzt mit wenig Erfolg, aber jüngst konnte man einer Meldung der Badischen Zeitung entnehmen, dass das Stadtplanungsamt nun ein blaues Band der Kreativität durch den Schildacker ausgerufen hat, und damit endlich ein ganzes Kreativ-Quartier entsteht. Der Stadt mit der FWTM stünde ein ganzes Quartier wie in anderen Städten längst entstanden gut an, es wäre ein großer Schritt, doch die ersten Dementis sind schon erfolgt. 

Dennoch: Wir sind auf dem richtigen Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, Kultur ist systemrelevant, und das nicht erst seit Corona! Wir müssen weiter in die  Kultur- und Kreativwirtschaft investieren und neue Förderprogramme entwickeln. Die in der Vorlage aufgezeigten Maßnahmen sind wichtig und richtig: Hilfe zur Vernetzung, Bereitstellung von Infrastruktur, Sichtbarkeit zur Milieu-Bildung, Hilfe bei Gründung von Zentren und Pools, Unterstützung bei Zwischennutzung von Räumen, Auflistung von Leerstand, die Bereitstellung von Freiflächen im öffentlichen Raum, Förderung und Erhaltung der urbanen Pop und Clubkultur, Stärkung von Spielstätten als Treff- und Begegnungsräume, Freiburg als Filmstandort stärken, Schärfung des Freiburg-Bildes, Vereinfachung von Genehmigungsverfahren. Ich kann somit die  aktuellen Rede-Beiträge von Timothy Simms und Lina Wiemer-Cialowicz gut heißen. 

Manchmal sieht die Praxis dann eben doch anders aus: Ich erinnere an die unrühmliche Geschichte der Black-Forest-Studios in der Stadthalle, wo war da die FWTM mit ihrer Unterstützung? Eine weitere unrühmliche Geschichte ist die des Freiburger Musikzentrums auf dem Güterbahngelände, die vielleicht jetzt einen halbguten Ausgang in der Karlsruher Straße findet, aber von Zentrum kann da ja wohl nicht die Rede sein. Oder das jüngste Beispiel mit den Mieten im Konzerthaus für die Konzertveranstalter, die gehören natürlich gesenkt in diesen Zeiten!

Ein letztes Wort zum Tourismuskonzept und den vorgeschlagenen richtigen Maßnahmen im Handlungsfeld Kultur. Freiburg wartet seit Jahren auf die Kennzeichnung der Kunstwerke im öffentlichen Raum nach Künstler/in und Schaffensjahr. Ist das so schwierig?.

 Atai Keller